Welttag gegen die Todesstrafe 2022: „Sommerhitze und ein Waschbecken in der Todeszelle…“
Todesstrafe:
Ein mit FOLTER gepflasterter Weg

Am 10.10.2022 ist der 20. Welttag gegen die Todesstrafe dem Schwerpunkt FOLTER gewidmet,
… denn Geständnisse werden mitunter durch physische oder psychische Folter erzwungen,
… Haftbedingungen in Todestrakten kommen nicht selten psychischer Folter gleich,
… Täterangehörige erleiden Traumata durch Hinrichtungen oder auch Aufschübe in letzter Minute,
… die Belastung, einen Menschen per Exekution zu töten, führt mitunter zu Berufsunfähigkeit,
… Opferangehörige durchleben immer wieder das Trauma der Tat – teilweise erfolgt die Hinrichtung gegen ihren ausdrücklichen Willen…
Sommerhitze und ein Waschbecken in der Todeszelle
Wenn man einem anderen das Leben nimmt, zum Tode verurteilt wird, weiß man nicht, was einen erwartet, wenn man noch nie in einer ähnlichen Situation war. Ich erinnere mich, dass meine Familie nach meinem Todesurteil im Internet recherchierte, um herauszufinden, ob man etwas über das Leben in der Todeszelle erfährt Es fällt mir sehr schwer, mich über meine Situation zu beklagen. Auch wenn ich mit meinem Todesurteil nicht einverstanden bin.
Ich bin schuldig, zwei Männern das Leben genommen zu haben. Meine frühere gewalttätige Verurteilung hat mich in den Todestrakt gebracht. Aggravators nennt man das. Trotz meiner Ansicht über dieses Urteil erhielt ich die Höchststrafe. Ich habe Probleme. Als freier Mann hatte ich ein eigenes Haus, einen Job und war finanziell stabil. Ich hatte alle Annehmlichkeiten eines modernen Hauses. Als meine Familie mir mitteilte, was mich erwartet, wusste ich, dass ich im Todestrakt im Elend leben würde.
Ohne Klimaanlage
Sicherlich gibt es schlimmere Orte auf dieser Welt, um 24 Stunden am Tag in einer 2,7 mal 2,1 Meter großen Zelle eingesperrt zu sein. Für mich ist die Gefangenschaft nicht das Schlimmste. Schlimm ist die Hitze im Sommer: „Ganz zu schweigen davon, dass ich derzeit in einem Ofen lebe! Ich schlafe nur, wenn ich extrem müde bin. Heute habe ich zum Beispiel nur 2,5 Stunden geschlafen, nachdem ich 22 Stunden am Stück wach war. Ich konnte nur auf dem Betonboden schlafen, weil es im Bett einfach zu heiß ist. Ich fühle mich also im Moment nicht sehr wohl. Ich bettle darum, dass der Winter bald kommt! Ich würde es lieben, wenn es der kälteste Winter aller Zeiten wäre!!!“
Aber das ist nicht das Schlimmste für mich. Ich habe einige psychologische Probleme. Ich kann es nicht ertragen, wenn meine Haut mit anderen Körperteilen in Kontakt kommt. Deshalb muss ich immer ein Hemd und eine Hose tragen. Ich kann es nicht ertragen, schmutzig oder auch nur ein bisschen verschwitzt zu sein. Als meine Familie mich darüber informierte, dass es in der Todeszelle keine Klimaanlage gibt, wusste ich, dass mich eine Welt des seelischen Leidens erwartet.
Als freier Mann badete ich mindestens dreimal am Tag. Auch wenn ich nicht zu persönlich zu will: Sogar nach dem Sex mit meiner Verlobten musste ich ein Bad nehmen, sonst konnte ich nicht einschlafen. Für jemanden, der keines dieser Probleme hat, erscheint es im Vergleich zu der ständigen Bedrohung durch die Hinrichtung unbedeutend. Ich kann Ihnen aus erster Hand sagen, dass es nicht leicht ist, mit diesen Problemen in der Todeszelle zu leben.
Luxus eines Waschbeckens
Mein größter Luxus ist das Waschbecken in meiner Zelle. Ich bade dreimal am Tag in diesem Waschbecken. Deshalb fällt es mir schwer, mich zu beschweren, denn ich weiß, dass es Orte auf der Welt gibt, an denen Menschen in kleineren Zellen ohne fließendes Wasser eingesperrt sind. Sogar ohne eine Toilette! Ich wäre nicht in der Lage, unter solchen Bedingungen zu leben. Trotz meiner misslichen Lage weiß ich, dass es nicht die schlimmste Situation ist, in die ein Mensch geraten kann. Ich bin in der Lage, in dieser Umgebung zu leben, weil es in dieser Zelle ein Waschbecken gibt. Andernfalls hätte ich nicht einmal eine Woche durchgehalten.
Die Probleme, die ich habe, mögen für jemanden, der sie nicht hat, unbedeutend erscheinen. Aber stellen Sie sich vor, dass Sie nicht damit umgehen können, von Fremden angefasst zu werden. Denken Sie daran, wie oft ich in Handschellen gelegt werden muss. Überall, wohin ich begleitet werde, muss der Wachmann immer mindestens eine Hand auf mir haben. Wenn ich in meine Zelle zurückgebracht werde, muss ich sofort ein Bad im Waschbecken nehmen, um die psychologische Wirkung der Berührung abzuwaschen. Als freier Mann war ich in der Lage, meine Probleme zu verbergen.
Ist es Folter?
Hier kann ich das nicht. Alle Häftlinge, die mich kennen, wissen, dass ich keine Hände schüttele. Ich umarme nicht zur Begrüßung. Ich spiele keine Spiele mit anderen. Aber es gibt hier Männer, die mich nicht kennen. Wenn ich den Händedruck eines Mannes ablehne, könnte das leicht missverstanden werden und zu einer Schlägerei führen. In den meisten Fällen versuche ich, solche Situationen zu vermeiden.
Es gibt schlimmere Orte auf dieser Welt, aber das Leben im Todestrakt stellt für einen Mann wie mich eine ganz eigene Herausforderung dar. Aber ich beschwere mich nicht. Erreicht es das Niveau dessen, was man als Folter bezeichnet? Folter ist, wie Kunst, subjektiv. Zumindest für mich. Ich bin sicher, dass die Familienangehörigen des Opfers sich kaum für die Dinge interessieren, die ich täglich ertrage. Ich kann es ihnen auch nicht verübeln.
Gefangener im Todestrakt in USA
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