Angehörige
Angehörige von zum Tode verurteilten Gefangenen
Bei den Debatten über die Todesstrafe scheinen die Familienangehörigen von Todestraktinsassen und die Auswirkungen eines Todesurteiles auf sie allzu oft vergessen zu werden.
Auswirkungen von Todesurteilen auf Familienangehörige
Ein Familienmitglied im Todestrakt zu haben, bedeutet für die gesamte Familie eine enorme Belastung. Verschiedene Faktoren verschlimmern dies. So sind bspw. in den meisten Todestrakten in den USA nur kontaktlose Besuche erlaubt: Mütter können ihre Söhne nicht mehr umarmen, Ehefrauen sehen ihre Männer nur noch durch Glas, und Kinder können Mutter oder Vater nicht mehr berühren. Dem renommierten Psychiater Karl Menninger zufolge sind derartige Besuche auf unnötige Weise schädlich.


Mit der Tat eines geliebten Menschen umzugehen, ist bereits nicht leicht. Diese Last wird durch die Anzahl und das Ausmaß der zum Teil endlosen Gerichtsverhandlungen noch verschlimmert.
Oftmals werden die Familienangehörigen der Täter beim Verlassen des Gerichtssaales mit prüfenden Blicken und erniedrigenden Kommentaren konfrontiert. Öffentlichkeit und Nachrichtenpresse sind selten „freundlich“ zu Todestraktinsassen oder deren Familien. Die Familienangehörigen leiden mitunter am meisten unter diesem Verhalten.
Darüber hinaus folgen oft argwöhnisches Beäugen durch Nachbarn, Kinder werden von ihren Klassenkameraden oft abgelehnt und verspottet.
Sie müssen ertragen, dass ihre Väter (seltener: Mütter) in den Schlagzeilen zu „Monstern“ erklärt werden, Familienmitglieder verlieren teilweise ihre Arbeitsstellen und Familien brechen auseinander, weil sie dem Stress auf Dauer nicht standhalten können.
Familienangehörige wissen oft Monate zuvor das genaue Sterbedatum
Diese Familien müssen auch ertragen, das genaue Sterbedatum des geliebten Menschen zu kennen. In vielen Fällen wissen sie bereits Wochen oder Monate im voraus über die Hinrichtung Bescheid, einschließlich der exakten Uhrzeit. All dies erhöht den Stress und die Belastung, welche ein unerträgliches Maß annehmen. Familienmitglieder leiden in dieser Zeit besonders häufig unter Depressionen und Angstzuständen. Sie fühlen sich oft hoffnungslos und haben unter vielen anderen psychischen Problemen zu leiden. In vielen Fällen muss die Familie während der Haft und nach der Exekution ohne den Hauptverdiener zurecht kommen.
Einer Exekution beizuwohnen, kann für sich selbst genommen bereits eine grässliche Erfahrung sein. Die Auswirkungen auf die einzelnen Familienmitglieder können verheerend sein. Oftmals leiden die Menschen den Rest ihres Lebens unter dieser Erfahrung.
Von staatlicher Seite gibt es keine Hilfe für solche Familien. Jegliche Hilfe muss daher aus der Familie selbst kommen.

In einigen Fällen helfen die Kirchengemeinden. Oftmals können sich die Familien auch privat bezahlten psychologischen Beistand nicht leisten. Der Großteil der Gesellschaft ist schlichtweg nicht an der Belastung interessiert, der diese Familien ausgesetzt sind. Sie werden selber Opfer, aber anstatt von der Gesellschaft aufgefangen zu werden, scheint diese sie oft sogar für das Geschehene verantwortlich zu machen.
Angehörige von zum Tode Verurteilten sind ebenfalls Opfer
Die Organisation ‚Murder Victim’s Families for Human Rights‘ sieht die Familien von Todestraktinsassen ebenfalls als Opfer an. Aus diesem Grund riefen sie das Projekt „No silence, no shame“ ins Leben, um die öffentliche Aufmerksamkeit auf das enorme Leid zu lenken, das durch die Todesstrafe in die Familien der Todeskandidaten getragen wird.
Unterzieht man diese Effekte einer Gesamtbetrachtung kommt man zu dem Schluss, dass die Familien von Todestraktinsassen dem gleichen Stress ausgesetzt sind wie die Todeskandidaten selbst, und das in allen Ländern, welche die Todesstrafe noch praktizieren.

In Ländern wie Japan, Weißrussland oder China werden die Familien oft noch nicht einmal über die bevorstehende Exekution ihrer Lieben informiert. In manchen Ländern erfahren Familienangehörige erst dann von der Hinrichtung, wenn man sie anweist, die Leiche abzuholen.
Familien werden im Dunkeln darüber gelassen, ob ihr geliebter Mensch noch am Leben ist oder vielleicht sogar bereits Monate zuvor exekutiert wurde.
Manchmal müssen die Familien der Täter die Kosten der Exekution sogar selbst tragen, was dazu führt, dass in manchen Fällen eine ins Haus flatternde Rechnung eine erste Information über den Tod eines geliebten Menschen ist.
Zeugenbericht einer Angehörigen
Die Hinrichtung von Troy Kunkle: Bericht seiner Ehefrau
Im Jahr 2004 hatte der US Supreme Court zweimal die Hinrichtung von Troy Albert Kunkle im letzten Moment gestoppt, zuletzt mit einer 5-4 Entscheidung am 17. November. Der Supreme Court hatte in seiner Entscheidung von November zwar eingeräumt, dass eine Hinrichtung Kunkles wegen nicht angemessener Berücksichtigung strafmildernder Umstände verfassungswidrig sei, erklärte sich aber kurz darauf für nicht zuständig.

2019 beschäftigte sich der Welttag gegen die Todesstrafe mit den Kindern von zum Tod verurteilten Häftlingen. Die Initiative gegen die Todesstrafe e.V. erstellte dazu ein Video (s.u.) und sammelte weitere Beiträge und Quellen in einer Website!