Oklahoma: Anthony Sanchez hingerichtet – trotz massiver Zweifel an seiner Schuld

Am Donnerstagvormittag hat der US-Bundesstaat Oklahoma den 44-jährigen Anthony Sanchez mit einer tödlichen Injektion hingerichtet. Er soll 1996 eine 21-jährige Studentin vergewaltigt und erschossen haben.

Sanchez wurde erst acht Jahre später mit dem Fall in Verbindung gebracht und beteuerte unablässig seine Unschuld. Zu stolz dazu, um Gnade zu betteln, verzichtete er auf ein Gnadengesuch, verlangte aber Gerechtigkeit. Sogar Sanchez‘ letzte Worte waren, dass er unschuldig sei und niemanden umgebracht habe.

Er fügte hinzu, dass seine ursprünglichen Anwälte „die schlechtesten Anwälte im Staat Oklahoma“ seien und dass es ihm „für jeden leid tue, der sie als Anwälte hat“. Erst wenige Wochen vor dem Hinrichtungstermin konnten neue Anwälte und Investigatoren für ihn gefunden werden, die es schließlich schafften, den Zugang zu etlichen Kisten Fallakten zu bekommen.

Doch kein Gericht und ebenso wenig Oklahomas Gouverneur waren bereit, auch nur einem 60-tägigen Aufschub zu gewähren – trotz umfangreicher Kampagnen und Aktionen.

Zweifel an Sanchez‘ Schuld erweckten diverse Fakten: Von über 40 Fingerabdrücken im Auto des Opfers passten keine auf Anthony Sanchez. Die Polizeizeichnung eines Augenzeugen ähnelt deutlich mehr Anthony Sanchez‘ Vater. Angebliche DNA-Beweise wurden von einer Laborantin durchgeführt, die später gefeuert wurde, weil sie in anderen Fällen für die Staatsanwaltschaft Beweise gefälscht hatte. Ein Schuhabdruck passte von der Größe her nicht auf Anthony Sanchez.

In der Summe weisen die Indizien eher auf den Vater Glenn Sanchez hin, der sich 2022 das Leben nahm. Doch DNA und Fingerabdrücke, Schuhgröße usw. wurden nicht auf Glenn Sanchez hin untersucht. Stattdessen wurde das Todesurteil trotz der massiven Zweifel vollstreckt.

Wie Rev. Dr. Jeff Hood, der als geistlicher Beistand die Exekution begleitete, im Anschluss berichtete, ist die Hinrichtung nicht problemlos verlaufen. Sanchez habe darauf aufmerksam gemacht, dass sein Arm zu fest angebunden sei, sodass er nichts mehr spüren könne. Offenbar war der Blutfluss gestört. Die Hinrichtung habe deutlich länger gedauert als üblich, erklärte Hood, und das medizinische Personal habe die intravenösen Zugänge korrigieren müssen, bevor das staatliche Töten erfolgreich war.

Von der Opferfamilie war niemand anwesend – die Verzweiflung von Sanchez‘ Mutter, die sich bei den Demonstranten vor dem Gefängnis befand, war mehr als deutlich.

Anthony Sanchez gehörte übrigens den amerikanischen Ureinwohnern der Choctaw an, denen das Land gehört, auf dem das Gefängnis steht, in dem Oklahoma seine Todesurteile vollstreckt. Die Angehörigen der Choctaw lehnen die Todesstrafe ab, die also gegen ihren Willen auf ihrem Land vollzogen wird. (gu)

Weitere Informationen:

Evidence Unraveled: The Fight to Free Anthony Sanchez
Free Anthony Sanchez – Website