Todesstrafe in den USA

„Wie kann ein Staat, der die gesamte Gesellschaft repräsentiert und die Aufgabe hat, die Gesellschaft zu schützen, sich selbst auf die gleiche Stufe stellen, wie ein Mörder?“
Kofi Annan, ehemaliger Generalsekretär der Vereinten Nationen (UN) am 20.12.2000 in New York anlässlich der Überreichung einer Petition gegen die Todesstrafe mit 3,2 Millionen weltweit gesammelten Unterschriften
Nach einer Aussetzung der Vollstreckung von Todesurteilen im Jahr 1967 und dem richterlichen Beschluss im Jahr 1972, die Todesstrafegesetze seien verfassungswidrig, wurde die Todesstrafe 1976 wiedereingeführt. Seitdem wurden bislang über 1500 Menschen hingerichtet. Sie wurden erhängt, vergast, erschossen, auf dem elektrischen Stuhl oder mit der Giftspritze getötet.
Trend der jährlichen Hinrichtungen und Todesurteile
Die Anzahl an jährlichen Hinrichtungen hat jedoch im Verlauf der letzten Jahre kontinuierlich abgenommen, auch wurden immer weniger Todesurteile ausgesprochen: Somit war 2019 mit 22 Hinrichtungen das Jahr mit der zweitniedrigsten Hinrichtungsrate seit 28 Jahren, lediglich im Jahr 2016 wurden mit einer Anzahl von 20 Hinrichtungen noch weniger Todesurteile vollstreckt – bis coronabedingt 2020 die Zahl auf 17 zurückging. Der Höhepunkt der Vollstreckung von Todesurteilen seit der Wiedereinführung liegt mit 98 Hinrichtungen in den späten 90er Jahren.
Die meisten Todesurteile werden in den Südstaaten vollstreckt. So wurden im Jahr 2019 dort 91% der Hinrichtungen vollzogen, 41% davon alleine im Staat Texas.
Auch die Anzahl neu ausgesprochener Todesurteile bewegte sich 2019 in der Nähe des Rekordtiefs: Insgesamt elf Staaten sowie das amerikanische Bundesgericht verurteilten 34 Menschen zum Tode. Die meisten Todesurteile seit der Wiedereinführung wurden in den Jahren 1994 bis 1996 ausgesprochen, mit jeweils über 310 pro Jahr.
Hinrichtungsmethoden
Die heute gebräuchlichste Methode ist die sogenannte „tödliche Injektion“. Sie wird als „humane“ Exekution bezeichnet, obwohl bislang nicht wissenschaftlich erwiesen ist, dass der Verurteilte bei der Prozedur keine Schmerzen und Qualen erleidet. Aufgrund der erheblichen Beschaffungsprobleme der Medikamente erlauben es die Gesetze einiger Staaten, auf alternative Methoden zurückzugreifen, sollte eine Hinrichtung per Giftspritze nicht möglich sein.

Abschaffung und Wiedereinführung der Todesstrafe im Jahr 1976
Von 1972 bis 1976 war die Todesstrafe in den USA außer Kraft gesetzt. Dies war hauptsächlich auf die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der Vereinigten Staaten im Fall Furman vs. Georgia (408 US 238, 1972) zurückzuführen. Das Gericht entschied damals, die Todesstrafe verstoße gegen die Verfassung, sie sei eine grausame und unübliche Strafe und daher eine Verletzung des achten Verfassungszusatzes.
Nach dieser Entscheidung änderten die Bundesstaaten ihre Gesetze und Abläufe bei Gericht. Seither gibt es in Todesstrafenfällen eine Schuldentscheidungsphase und eine Strafzumessungsphase. Mit der Entscheidung im Fall Gregg vs. Georgia (428 US 153, 196) entschied der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten, dass unter diesen Voraussetzungen die Todesstrafe wieder zulässig sei. Die erste Hinrichtung nach Furman fand am 17. Januar 1977 statt; Gary Gilmore wurde von einem Erschießungskommando in Utah hingerichtet.
Delikte, die mit dem Tod bestraft werden können
Vor dem Jahr 1972 konnten Menschen in den USA wegen Mordes zum Tode verurteilt werden, aber auch wegen Straftaten, bei denen niemand zu Tode gekommen war, wie z.B. Vergewaltigung, Raub, usw.

Nach Wiedereinführung der Todesstrafe urteilte der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten 1976 in Woodson vs. North Carolina (428 US 280) und Roberts vs. Louisiana (428 US 325), dass ein Staat nur dann die Todesstrafe aussprechen kann, wenn ein Mord im Zusammenhang mit einer anderen Straftat begangen wurde.
Mit der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs der USA in Coker vs. Georgia im Jahr 1977 wurde die Todesstrafe für Vergewaltigung, und in der Folge auch für jede andere Straftat außer Mord, ausgeschlossen. Eine Ausnahme sieht jedoch vor, bei Entführung die Todesstrafe für solche Fälle beizubehalten, in denen das Entführungsopfer stirbt, während es sich in der Gewalt der Entführer befindet. Dies muss nicht unbedingt durch dessen Hand geschehen.
Auch die Bundesregierung kann die Todesstrafe für nicht tödlich verlaufende Straftaten wie Landesverrat, Spionage sowie Verbrechen unter der Gerichtsbarkeit des Militärs aussprechen.
Hinrichtungen geistig Behinderter und minderjähriger Straftäter
Erst im Jahr 2002 wurde die Hinrichtung geistig behinderter Menschen mit dem Urteil in Atkins vs. Virginia verboten. Bis heute gibt es in den USA jedoch keine einheitliche Definition über das, was als „geistig behindert“ zu bewerten ist. Entsprechend liegen die Hürden für den Nachweis einer geistigen Behinderung in einigen Staaten nach wie vor sehr hoch.

So kommt es immer noch zur Hinrichtung von Häftlingen, deren geistige Zurechnungsfähigkeit durchaus fragwürdig ist. Eines der zahlreichen Beispiele ist Warren Lee Hill, der 2015 in Georgia hingerichtet wurde, obwohl Sachverständige von einer geistigen Behinderung ausgingen.
Im Jahr 2005 wurde die Todesstrafe für zum Tatzeitpunkt Minderjährige mit dem Urteil im Fall Roper vs. Simmons abgeschafft. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich 72 Verurteilte in US-Gefängnissen, die zum Tatzeitpunkt unter 18 Jahre alt waren. Nach wie vor können minderjährige Straftäter jedoch zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt werden.
Bundesstaaten mit und ohne Todesstrafe
In 27 Bundesstaaten sowie unter Bundes- und Militärrecht kann die Todesstrafe verhängt und vollstreckt werden. In den anderen 23 Bundesstaaten sowie dem District of Columbia gibt es die Todesstrafe nicht (mehr). Auch hier ist zu erkennen, dass die Todesstrafe in den USA rückläufig ist: Vor 20 Jahren war die Todesstrafe noch in 38 US-Staaten im Gesetz verankert.

Quellen und weitere Informationen:
Death Penalty Information Center (DPIC) und Amnesty International